Kaffee, WLAN und Geduld: Warum Cafés in Barcelona genug von Langsitzern haben
Barcelona lebt vom Tourismus. Knapp 12 Millionen Besucher strömen jedes Jahr in die Stadt, genießen Tapas, Architektur, Sonne – und Kaffee. Klingt erstmal idyllisch. Doch genau dieser Kaffee sorgt in manchen Bars und Cafés inzwischen für Streit. Der Grund: Menschen, vor allem Touristen, bestellen für kleines Geld ein Getränk und blockieren stundenlang einen Tisch. Für Betreiber ein echtes Problem, das nicht nur Nerven, sondern bares Geld kostet.
Ein Café im Stadtteil Eixample hat kürzlich Schlagzeilen gemacht, weil es die Preise verdoppelte – aber nur für Gäste, die länger als 30 Minuten bleiben. 1,20 Euro für den schnellen Espresso, 2,50 Euro für diejenigen, die Laptop, Notizbuch und halben Hausstand ausbreiten und den Tisch quasi mieten.
Das wirft Fragen auf: Ist das legal? Fair? Und wie reagieren Gäste – Spanier, Touristen, Deutsche?
Warum Cafés in Barcelona reagieren
Ein Tisch ist in einer Stadt wie Barcelona nicht nur eine Fläche mit Stuhl. Er ist bares Geld. Gastroverbände in Spanien rechnen: Ein Caféplatz bringt im Schnitt 8–12 Euro pro Stunde Umsatz. Sitzt dort jemand, der nur einen Kaffee schlürft, entgehen dem Betrieb drei bis vier potenzielle Kunden.
Besonders in touristischen Vierteln wie dem Barrio Gótico oder rund um die Rambla ist die Nachfrage riesig. Betreiber müssen hohe Mieten, steigende Energiepreise und Personalkosten stemmen. Barcelona zählt zu den teuersten Städten Spaniens für Gewerbeimmobilien – bis zu 45 Euro pro Quadratmeter in Toplagen.
Kein Wunder, dass Wirte kreativ werden. Manche führen Zeitlimits ein, andere verlangen Aufpreise nach einer bestimmten Dauer. Und wieder andere diskutieren, WLAN nur noch gegen Gebühr freizugeben.
Rechtlich erlaubt?
Ja, prinzipiell schon. In Spanien darf jeder Gastronom seine Preise selbst festlegen, solange sie klar und transparent kommuniziert werden. Steht also auf der Karte: „Espresso 1,20 €, Aufenthalt bis 30 Minuten – danach 2,50 €“, ist das rechtlich abgesichert. Wichtig ist die Transparenz. Heimlich am Ende doppelt kassieren? Das wäre Abzocke und könnte rechtlich angreifbar sein.
In Deutschland übrigens ähnlich. Die Preisangabenverordnung schreibt vor, dass Gäste vor der Bestellung über Kosten informiert sein müssen. Ein Café in Berlin dürfte also theoretisch ebenfalls nach Zeit abrechnen – solange es sauber ausgeschildert ist.
Ist das fair gegenüber Gästen?
Darüber lässt sich streiten. Aus Sicht der Betreiber: absolut nachvollziehbar. Aus Sicht der Touristen: eher frustrierend.
Beispiel: Ein Backpacker gönnt sich einen günstigen Cortado und will dabei das nächste Hostel buchen. Nach 40 Minuten verdoppelt sich der Preis. Klingt plötzlich nach Abzocke. Zumal Kaffee in Barcelona traditionell günstig ist – im Schnitt 1,20 bis 1,50 Euro für einen Café solo, deutlich unter dem Preisniveau deutscher Innenstädte.
Auf der anderen Seite: Ein Tisch, der für zwei Stunden blockiert wird, während draußen Menschen stehen, die bestellen wollen – das sorgt auch bei Einheimischen für Ärger.
Was sagen die Deutschen?
Interessant: Laut einer Umfrage des DEHOGA Bundesverbands aus 2023 könnten sich knapp 30 % der deutschen Gastronomen vorstellen, eine Art „Zeittarif“ einzuführen, wenn sich Gäste zu lange an Getränken festhalten. Besonders in Großstädten wie Berlin oder München klagen Betreiber über das Phänomen der „Laptop-Sitzer“.
In Deutschland gibt es bisher kaum Cafés, die offiziell nach Zeit abrechnen. Aber stillschweigende Regeln sind üblich: Manche Betreiber verweigern WLAN, andere räumen nach einer Stunde demonstrativ ab. Ganz ohne Worte, aber mit Botschaft.
Wird Barcelona dadurch unbeliebt?
Wahrscheinlich nicht. Barcelona bleibt eine Magnetstadt. Doch das Image könnte leiden, wenn solche Maßnahmen flächendeckend greifen. Touristen reagieren sensibel, wenn sie das Gefühl haben, ausgenommen zu werden. Plattformen wie TripAdvisor oder Google Maps sind voll von Bewertungen, in denen schon kleine Zusatzkosten für schlechte Sterne sorgen.
Die Stadt kämpft ohnehin mit dem Ruf, von Massentourismus überrollt zu werden. Hohe Hotelpreise, überfüllte Strände, steigende Mieten für Einheimische – all das macht die Debatte um „Zeitpreise“ im Café politisch brisant.
Gibt es Alternativen?
Ja, mehrere. Und viele sind gar nicht so kompliziert.
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Mindestverzehr einführen
Statt den Preis für einen Kaffee zu verdoppeln, könnten Betreiber einen Mindestumsatz pro Stunde verlangen. Zum Beispiel: Wer länger bleiben will, muss für mindestens 5 Euro bestellen. Fairer, weil transparent. -
Coworking-Cafés
In Metropolen wie Madrid oder Berlin gibt es Cafés, die auf Langsitzer setzen. Sie kombinieren Gastronomie mit Coworking, oft mit Zeittarifen. Dort zahlt man z. B. 3 Euro pro Stunde inklusive Kaffee-Flat. -
WLAN-Zugang zeitlich begrenzen
Statt Geld zu verlangen, einfach den Internetzugang nach einer Stunde kappen. Funktioniert technisch leicht und nimmt den Reiz für Digital-Nomaden. -
Unterschiedliche Zonen
Einige Cafés in New York setzen auf geteilte Bereiche: vorne Stehtische für schnellen Kaffee, hinten Sitzplätze mit klarer Zeitregel. -
Service-Modelle ändern
Warum nicht kleine Snacks oder Wasser gratis anbieten, wenn Gäste länger bleiben – dafür aber den Grundpreis etwas anheben? Damit wird die Wertschätzung deutlicher.
Persönlicher Einschub
Ganz ehrlich? Ich finde die Idee spannend, aber auch riskant. Natürlich kann ein Café nicht davon leben, dass fünf Leute stundenlang an einem Cappuccino nippen. Aber die Atmosphäre eines Ortes lebt eben auch von Gästen, die bleiben, reden, tippen, schreiben. Würde man jeden nach 30 Minuten vertreiben, verlöre die Stadt auch ein Stück Seele.
Beispiele aus anderen Städten
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London: Manche Ketten wie Pret a Manger testen „No Laptop“-Zonen, besonders in Stoßzeiten.
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Paris: Dort sind Kaffeepreise traditionell ortsabhängig. Am Tresen kostet ein Espresso 1,50 €, am Tisch draußen 4 €. Auch das ist eine Form von Zeitaufschlag.
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Tokio: Viele Cafés arbeiten mit Stundenpreisen. Dafür gibt es Ruhe, Steckdosen, WLAN. Niemand regt sich auf, weil es klar geregelt ist.
Fazit
Das Problem ist real: Cafés in Barcelona verlieren Umsatz, wenn Gäste für 1,20 Euro stundenlang einen Platz blockieren. Rechtlich dürfen sie reagieren – sei es durch Aufpreise, Zeitlimits oder kostenpflichtiges WLAN. Ob das klug ist, steht auf einem anderen Blatt.
Touristen werden solche Regeln nicht lieben, aber wohl akzeptieren, wenn sie klar kommuniziert werden. Am Ende bleibt die Balance entscheidend: Gastfreundschaft ja, Ausnutzung nein.
FAQ
Darf ein Café den Preis einfach erhöhen, wenn ich länger bleibe?
Ja, solange das klar vorher angegeben ist.
Was passiert, wenn ich mich weigere, mehr zu zahlen?
Dann kann der Betreiber im Zweifel aufstehen und den Tisch freigeben – notfalls mit Hinweis auf Hausrecht.
Ist das in Deutschland erlaubt?
Theoretisch ja, praktisch aber selten. Wichtig ist auch hier die klare Preisauszeichnung.
Welche Alternativen gibt es?
Mindestverzehr, Coworking-Modelle, zeitlich begrenztes WLAN oder verschiedene Sitzbereiche.
Macht das Barcelona unbeliebt?
Allein dadurch nicht, aber es kann das Bild verstärken, dass Touristen zur Kasse gebeten werden.
Labels:
Barcelona, Kaffee, Gastronomie, Tourismus, Preise, Spanien, Cafés, WLAN, Recht, Konsumverhalten, Trends
Meta-Beschreibung:
Cafés in Barcelona wehren sich gegen Langsitzer: Kaffee teurer nach 30 Minuten, WLAN kostenpflichtig? Ein Blick auf Recht, Fairness, Alternativen – und ob so etwas auch in Deutschland denkbar wäre.
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