Katalanische Korkeichen-Kultur: Die letzten Korkernter und ihre jahrhundertealte Tradition

Katalanische Korkeichen-Kultur: Die letzten Korkernter und ihre jahrhundertealte Tradition


Die Sonne steht tief über den Hügeln des Empordà. Das Licht flimmert über graugrüne Blätter, während ein dumpfer Schlag durch den Wald hallt. Ein Mann mit wettergegerbtem Gesicht und Lederhut hebt seine Axt an – nicht zum Fällen, sondern zum Schälen. Vorsichtig, präzise, fast zärtlich. Er ist einer der letzten Korkernter Kataloniens.

Die Szene wirkt aus der Zeit gefallen. Kein Motorengeräusch, kein hektisches Treiben. Nur das rhythmische Klopfen des Beils gegen die Rinde.


Ein Handwerk aus Gefühl und Geduld

Kork wird nicht einfach geerntet. Er wird gelöst, gehoben, befreit – und das mit einer Genauigkeit, die kaum ein anderes Handwerk verlangt. Jeder Schlag zählt. Zu tief – und der Baum ist verletzt. Zu flach – und die Rinde löst sich nicht.

Die sogenannten Pelejadors (Korkschäler) arbeiten meist zu zweit oder zu dritt. Einer öffnet die Rinde, der andere hebelt sie mit dem Eisen sanft ab. Das Holz darunter bleibt unversehrt. Dann beginnt das Warten: Neun Jahre dauert es, bis die Korkeiche wieder „bereit“ ist.

Ein Korkbaum kann das über 150 Jahre lang mitmachen. Generationen überdauern also denselben Baum. Eine Art stilles Abkommen zwischen Mensch und Natur.


Warum Katalonien?

Der Korkgürtel zieht sich rund um das Mittelmeer – Portugal, Andalusien, Südfrankreich, Italien. Doch Nordkatalonien war lange das Herz der spanischen Korkproduktion. Rund um Les Gavarres, Palafrugell oder Cassà de la Selva wuchsen nicht nur Eichen, sondern auch ganze Dorfgemeinschaften vom Kork.

Ende des 19. Jahrhunderts entstanden hier kleine Familienbetriebe, die Kork zu Flaschenstopfen, Bodenbelägen oder Isolierungen verarbeiteten. Viele sind verschwunden. Nur wenige halten noch durch – oft, weil Leidenschaft wichtiger ist als Profit.

„Man verdient heute nicht mehr viel damit“, sagt Jordi, ein 62-jähriger Korkernter, den man im Sommer in den Wäldern bei Calonge trifft. „Aber aufhören? Nie. Das hier ist…“ – er sucht das Wort – „…eine Art Beziehung.“


Nachhaltigkeit – bevor es das Wort überhaupt gab

Das Faszinierende: Korkernte ist radikal nachhaltig. Kein Baum wird gefällt, kein Wald gerodet. Die Eiche bleibt stehen, regeneriert sich, bindet CO₂ – und liefert neuen Kork.

Diese Praxis existiert seit Jahrhunderten, lange bevor „grün“ zum Schlagwort wurde.
Kork ersetzt Kunststoffe, ist biologisch abbaubar und wächst nach. Eigentlich ein Musterbeispiel für Kreislaufwirtschaft.

Aber: Sie steht unter Druck. Der Klimawandel verschiebt Niederschlagsmuster, und Billigverschlüsse aus Kunststoff oder Aluminium verdrängen Kork aus der Weinwelt.


Die letzten ihrer Zunft

Heute sind es nur noch wenige Dutzend aktive Korkernter in Katalonien. Die Arbeit ist hart, körperlich fordernd, saisonabhängig. Viele junge Leute zieht es in Städte oder in andere Branchen.

Dennoch – wer einmal bei einer Ernte dabei war, versteht, warum manche bleiben.
Die Geräusche. Der Geruch. Das Knistern der abgelösten Rinde. Das gemeinsame Frühstück nach getaner Arbeit, irgendwo im Schatten.

Es ist mehr als ein Job. Es ist eine Lebensweise, die zwischen Stolz und Melancholie pendelt.


Ein persönlicher Gedanke

Ich erinnere mich an einen dieser Sommermorgen, als ich mit einem alten Pickup durch die Wälder von Les Gavarres fuhr. Überall das goldene Licht, das die Korkeichenrinden leuchten ließ wie poliertes Kupfer.

Damals dachte ich: Diese Menschen arbeiten mit der Zeit, nicht gegen sie. Vielleicht ist das die stillste Form von Reichtum, die man finden kann.


FAQ: Kork, Kultur und Fragen, die man selten stellt

Wie oft kann eine Korkeiche geschält werden?
Etwa alle neun bis zwölf Jahre. Insgesamt bis zu 15–18 Mal im Leben des Baumes.

Tut das dem Baum weh?
Nein – wenn es richtig gemacht wird. Der Bast bleibt erhalten, die Eiche regeneriert sich vollständig.

Warum dauert es so lange, bis wieder geerntet werden kann?
Die Rinde wächst sehr langsam. Sie muss dick genug werden, damit sie als Naturkork nutzbar ist.

Woher kommt der meiste Kork weltweit?
Etwa 70 % stammen aus Portugal, rund 20 % aus Spanien – davon ein kleiner Teil aus Katalonien.

Was passiert nach der Ernte?
Die Korkplatten werden getrocknet, gekocht, sortiert und weiterverarbeitet – zum Beispiel zu Weinverschlüssen, Dämmplatten oder Designobjekten.

Kann man Kork recyceln?
Ja. Alter Kork wird zerkleinert und als Granulat weiterverwendet – etwa für Böden oder als Dämmstoff.

Warum lohnt sich die Ernte wirtschaftlich kaum noch?
Billigere Alternativen und sinkende Nachfrage nach Naturkork haben viele Betriebe verdrängt. Nur durch hochwertige Produkte und Tourismusangebote bleibt die Tradition lebendig.


Meta-Beschreibung:
Einblick in die alte Katalanische Korkeichen-Kultur: Wie die letzten Korkernter arbeiten, warum ihre Technik so nachhaltig ist und was diese jahrhundertealte Tradition heute bedeutet.

Labels:
Katalonien, Kork, Nachhaltigkeit, Tradition, Handwerk, Waldkultur, Spanien, Umwelt, Natur, Kulturgeschichte




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